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Thüringen

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ten Bundesländern Bayern, Hessen,

Niedersachsen und Sachsen gibt es kei-

ne Wasserabgabe bzw. ist unsere In-

dustrie von dieser Abgabe von den je-

weiligen Landesregierungen bewusst

befreit worden. In Sachsen-Anhalt sind

die Hebesätze für diese Abgabe deut-

lich geringer.

Welche Möglichkeiten haben die Fir-

men, auf solche Belastungen zu rea-

gieren?

Die Steine- und Erden-Industrie Thürin-

gens steht mit anderen Bundesländern

im Wettbewerb. Es gibt Überschneidun-

gen in den Liefergebieten mit den an-

grenzenden Bundesländern. Eine solche

Abgabe in Thüringen führt natürlich zu

Wettbewerbsnachteilen bei den Thü-

ringer Unternehmen. In Sachsen-Anhalt

betragen die Hebesätze beim Entgelt

nur ein Viertel, alle anderen angrenzen-

den Bundesländer erheben kein Was-

serentnahmeentgelt für die Aufberei-

tung von Rohstoffen. Damit wird

beispielsweise die Herstellung von ge-

waschenem Sand und Kies in Thüringen

deutlich teuer. Das Problem ist, unsere

Unternehmen haben keine Alternative,

Wasser einzusparen, alle technischen

Möglichkeiten sind bereits ausge-

schöpft. Im Übrigen ist jedes Unterneh-

men aus betriebswirtschaftlicher Sicht

schon angehalten, Wasser zu sparen, da

auch das Pumpen von Wasser Elektro-

energie kostet, die ebenfalls teuer be-

zahlt werden muss.

Damit wären Thüringer Firmen deut-

lich benachteiligt?

Nicht nur das. Manche würde es an den

Rand der Existenz treiben. Denn wir ha-

ben in Thüringen noch andere Prob-

leme. Die Verkehrsprojekte des Bundes

im Zuge der Infrastrukturentwicklung

der Deutschen Einheit laufen aus. Damit

sind starke Rückgänge beim Absatz von

Rohstoffen verbunden. In Thüringen

sind diese Rückgänge deutlich stärker

als in den anderen neuen Bundes-

ländern.

nicht zu erwarten. Bereits 2009 bestä-

tigte das eine Prognose des Thüringer

Umweltministeriums bis ins Jahr 2040.

Eine solche Abgabe hätte auch keinen

regulierenden Effekt. Es geht hier um

Haushaltssanierung und Abschöpfung

auf Kosten der Firmen in Thüringen.

Es geht doch dem Umweltministerium

auch um Hochwasserschutz?

Ja, das ist auch ein Argument. Doch hier

wird mit der Angst der Bevölkerung ge-

spielt. Andere Bundesländer, die die

Abgabe nicht erheben, beweisen, Hoch-

wasserschutz geht auch ohne Wasser-

entnahmeabgabe.

Welche Auswirkungen hat das auf

Thüringer Firmen in der Bauwirt-

schaft und im Bergbau? Was würde die

Abgabe für eine Firma bedeuten?

Unsere Firmen brauchen Wasser, um

beispielsweise Kies zu reinigen. Jede

Rohstofflagerstätte ist ein Unikat. Beim

Reinigen einer Tonne Kies können 2,5

Kubikmeter, aber auch 10 Kubikmeter

Wasser nötig sein. Dies gibt uns die

Natur mit ihren unterschiedlichen La-

gerstättenverhältnissen vor, darauf hat

das Unternehmen keinen Einfluss. Der

geplante Wassercent wird Baustoffe

und damit auch das Bauen weiter ver-

teuern. Davon werden auch Bauprojekte

der öffentlichen Hand betroffen sein.

Wie teuer kann das für eine Firma

werden?

Für ein kleines Kieswerk in Thüringen

mit einer Jahresförderung von 200.000

Tonnen, das Betonzuschlagstoffe her-

stellt, kann die zu entrichtende Wasser-

entnahmeabgabe zwischen 20.000 €

und 40.000 € im Jahr liegen. Für große

Produktionsstandorte, wie in der „Gol-

denen Aue" in Nordthüringen, können

sich Belastungen von bis zu 200.000 €

pro Jahr ergeben.

Dass sich mit einer solchen Abgabe

die Standortbedingungen verschlech-

tern, liegt auf der Hand: Doch was be-

deutet das konkret?

Das ganze Vorhaben ist wirtschafts-

feindlich und schadet dem Wirtschafts-

standort Thüringen. In den benachbar-

Woran liegt das?

In Thüringen fehlen Investitionen in die

Infrastruktur. Es gibt keinen Planungs-

vorlauf bei Bauprojekten im Straßen-

bau. Solche Planungsprozesse dauern

drei bis vier Jahre. Das ist das Erbe der

vorherigen Landesregierung. Im Ergeb-

nis fehlen die Mittel für langfristige

Bauvorhaben, da Thüringen seine Haus-

aufgaben nicht gemacht hat und bei

langfristigen Bauprojekten des Bundes

nicht berücksichtigt wird. Das macht der

Branche zu schaffen. Der Wassercent,

die für das Jahr 2016 durch das Thü-

ringer Umweltministerium geplante

Erhöhung der Förderabgabe für Sand

und Kies und das Auslaufen bestehen-

der Projekte im Straßenbau kämen zu-

sammen.

... damit erhöhen sich die Belastungen

der Firmen.

Ja, natürlich. Es wird für alle teurer und

diese Kosten sind letztlich vom Steuer-

zahler zu tragen. Es gibt keine Baumaß-

nahme, die davon nicht betroffen ist.

Nicht nur die Baustoffe werden teuer,

auch für Maßnahmen der Wasserhal-

tung in der Baugrube wird der Wasser-

cent zukünftig fällig.

Welche Erwartungen haben Sie im

weiteren Umgang mit dem Thema an

das Thüringer Umweltministerium?

Wir erwarten, dass der Gesetzesentwurf

zurückgezogen wird. Im Übrigen unter-

scheidet sich das aktuelle Papier nicht

von dem aus dem Jahre 2012 und ist

handwerklich nicht gerade eine Meis-

terleistung. Das Ganze ist wirtschafts-

feindlich und wir kritisieren insbeson-

dere die Art und Weise, wie das

Umweltministerium diesen Gesetzent-

wurf gegenüber der Industrie und Land-

wirtschaft kommuniziert hat. Normal ist

für derartige Gesetzentwürfe eine

Beteiligung der Öffentlichkeit von vier

bis sechs Wochen. Wir mussten unsere

Stellungnahme innerhalb von 10 Tagen

abgeben. Auf unsere Gesprächsange-

bote ist die auch für Bergbau zuständi-

ge Umweltministerin bisher nicht

eingegangen. Eine transparente Um-

weltpolitik sieht unserer Meinung nach

anders aus. (uz)

„Der Wassercent

ist wirtschafts-

feindlich.“

Dr. Steffen Wiedenfeld,

Hauptgeschäftsführer UVMB