Interview
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Interview: Torsten Laudien
In der Studie war von Management-
Kompetenzen die Rede, die es zu stär-
ken gelte. Wie soll das geschehen?
Zum einen geht es hier um Beratungs-
und Vernetzungsangebote, die den
Unternehmen dabei helfen, sich auch
organisatorisch weiterzuentwickeln. Ich
halte es für sehr wichtig, den branchen-
übergreifenden Erfahrungsaustausch
zwischen den Unternehmen zu intensi-
vieren. Ein konkretes Beispiel ist in
diesem Zusammenhang das Kompe-
tenzzentrum Wirtschaft 4.0 zum Schlüs-
selthema Digitalisierung, das wir aktu-
ell gemeinsam mit der IHK Erfurt und
der Handwerkskammer Erfurt unter
dem Dach des ThEx (Thüringer Zentrum
für Existenzgründungen und Unterneh-
mertum) bearbeiten.
Der andere Schwerpunkt ist die Aus-
bildung des Fach- und Führungskräfte-
nachwuchses. Wir brauchen qualifizier-
te Leute für die mittlere Führungsebene
und mehr Vertriebsspezialisten. Mit der
Weiterentwicklung der Staatlichen Stu-
dienakademie Thüringen zur Dualen
Hochschule Gera-Eisenach setzen wir in
diesem Bereich einen wichtigen Akzent.
Wie wichtig uns die Hochschulen sind,
dokumentiert im Übrigen die im Januar
in Kraft getretene sogenannte Rahmen-
vereinbarung IV, mit der wir die Finanz-
ausstattung der Thüringer Hochschulen
in den nächsten Jahren absichern. Statt
Kürzungen wie anderswo erhalten un-
sere Hochschulen zusätzliche Mittel.
Mit einem vertraglich gesicherten
Aufwuchs von jährlich 4 Prozent des
Budgets sind wir nicht nur im Spitzen-
feld der Bundesrepublik, sondern schaf-
fen Planungssicherheit und ermögli-
chen Profilbildung und Spitzenqualität
in Lehre und Forschung.
Ein sehr interessanter Vorschlag des
Gutachtens ist die Einrichtung eines be-
rufsbegleitenden Führungskräfte-Ent-
wicklungsprogramms in Zusammen-
arbeit mit den Hochschulen und der Wirtschaft. Wir
werden diesen Vorschlag in den kommenden Monaten
umsetzen.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die Innovationen.
Hier sind Sie ganz offensichtlich auch als Wissen-
schaftsminister gefragt. Was planen Sie?
Auch hier liegt die Kraft in der Zusammenarbeit. Die
einzelnen Unternehmen haben zumeist das techni-
sche Wissen, müssen aber stärker bei der Umsetzung
von Forschungsergebnissen unterstützt werden. Oft
mangelt es an Innovationsmanagement oder Ge-
schäftsmodellentwicklung, damit das Wissen auch auf
Produktebene umgesetzt werden kann.
Aus diesem Grund haben wir unsere Technologie- und
Innovationsförderung im vergangenen Jahr grundle-
gend neu aufgestellt. So wollen wir zum Beispiel mit
der neuen Richtlinie für die Förderung von Verbund-
vorhaben im Forschungsbereich die
Zusammenarbeit von Technologieent-
wicklern, -anwendern, Zulieferern, Aus-
rüstern und Dienstleistern anregen. Oft
sind Forschungsergebnisse oder sogar
Lösungsanbieter vorhanden, aber sie
finden nicht zum Anwender. Zentrale
Fragen sind also: Wo finde ich die Lö-
sung für mein Problem und wo Partner
beziehungsweise die Förderung für die Umsetzung.
Hier werden wir in den nächsten Monaten die
Strukturen auf den Prüfstand stellen.
Mit Innovationsgutscheinen unterstützen wir Prozess-
und Organisationsinnovationen, die zeitnah zu einem
neuen Produkt oder zur Innovation im Produktions-
prozess führen. In Bezug auf die stärkere Marktorien-
tierung sind die Unternehmen nun bei Antragstellung
gehalten, für Forschungsprojekte die zu erwartende
Marktfähigkeit der Produkte anhand eines Verwer-
tungsplans darzulegen.
Danke für das Stichwort. Irgendjemand muss der
Thüringer Wirtschaft ihre Produkte auch abkaufen.
Der inländische Markt scheint gesättigt, bleibt also
nur der Schritt ins Ausland. Sie haben ja bereits ei-
ne neue Außenhandelsstrategie auf den Weg ge-
bracht. Wie können gerade die kleinen Thüringer
Unternehmen davon profitieren?
Gemeinsam mit der LEG und den IHK unterstützen wir
gemäß unserer neuen Exportstrategie die Thüringer
Unternehmen dabei, Exporthemmnisse zu überwin-
den, neue Märkte zu erschließen und die Präsenz auf
etablierten Märkten zu intensivieren. Thüringer
Unternehmen können von der ausgeweiteten Messe-
förderung oder den neuen Fördermöglichkeiten für ei-
ne Kontaktanbahnung im Ausland profitieren – effek-
tiv und unbürokratisch. Dafür haben wir
die Angebote von Thüringen Interna-
tional, unserer zentralen Service- und
Anlaufstelle für die Erschließung welt-
weiter Märkte, branchenspezifischer
ausgerichtet und auf für die Thüringer
Wirtschaft relevante Zielmärkte kon-
zentriert.
Vielen Thüringer Unternehmen mangelt
es jedoch an Kapazitäten, um über-
haupt auf internationalen Märkten aktiv
zu werden. Wir haben daher vorhande-
ne Förderprogramme – beispielsweise
die Beratungsrichtlinie – weiterentwi-
ckelt, damit die Exportfähigkeit der
Thüringer Wirtschaft steigt.
Eine Frage zum Schluss, weil das The-
ma in dieser Ausgabe noch eine Rolle
spielen wird: Welchen Platz nimmt in
der neuen Mittelstandsinitiative das
Problem des mangelnden Existenz-
gründerwillens in Thüringen ein?
Menschen zu motivieren, Geschäfts-
ideen zu entwickeln und sich selbst-
ständig zu machen, ist ein Thema von
zentraler Bedeutung, übrigens für den
Wirtschafts- und den Wissenschafts-
minister in gleicher Weise. Mit dem
Thüringer Zentrum für Existenzgrün-
dungen und Unternehmertum (ThEx),
das von den Thüringer Industrie- und
Handelskammern sowie den Hand-
werkskammern getragen und von uns
gefördert wird, haben wir in diesem
Bereich völlig neue Strukturen geschaf-
fen. Sehr vielfältige Beratungsangebote
unter einem Dach, kurze Wege und
schnelle Orientierung, welche Angebo-
te im konkreten Fall am besten passen.
Das ist ein wirklicher Meilenstein. Auch
an den Hochschulen gibt es leistungs-
fähige Beratungsstrukturen.
Wir haben im letzten Jahr im Betei-
ligungsbereich den Gründerfonds auf-
gelegt und mit der „Gründerprämie“ ein
neues Förderinstrument für die Vor-
laufphase bei sehr anspruchsvollen
Vorhaben eingeführt. Wir bieten zudem
ein differenziertes Angebot an Wirt-
schafts- und Technologieförderpro-
grammen, das gerade auch Gründern
und jungen Unternehmen offensteht.
Insgesamt sind wir in diesem Bereich
sehr gut aufgestellt.
Thüringen ist mit seiner
Wirtschaftsförderung
insgesamt gut aufgestellt.